„Lassen Sie Religionsfreiheit in der Sowjetunion zu“ - Autobiografie - Sun Myung Moon - Mein Leben für den Weltfrieden

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- Kapitel 6 - Liebe führt zu Vereinigung -



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„Lassen Sie Religionsfreiheit in der Sowjetunion zu“


Es gibt eine Reihe von Theorien, die auf dem Materialismus basieren und populär, aber nicht verifiziert sind. Eine davon ist Darwins Evolutionstheorie. Eine andere Theorie entstammt den Schriften von Karl Marx. Der Gedanke, dass der Geist aus der Materie hervorgeht, ist von Grund auf falsch. Die Menschen wurden von Gott erschaffen und vereinigen in ihrer Existenz sowohl materielle als auch geistige Aspekte. Kurz gesagt, die Kernthese und die Philosophie, die dem Kommunismus zu Grunde liegen, sind falsch.


Während meines Studiums in Japan arbeitete ich zusammen mit Kommunisten für die Unabhängigkeit Koreas. Sie waren meine guten Freunde und waren bereit, falls nötig, ihr Leben für die Befreiung unseres Heimatlandes zu opfern. Aber unser Denken unterschied sich grundlegend. Daher mussten wir getrennte Wege gehen, nachdem die Unabhängigkeit gewonnen war.


Ich bin gegen den Historischen Materialismus des Kommunismus. Ich habe eine weltweite Bewegung zur Überwindung des Kommunismus ins Leben gerufen. Mehreren aufeinander folgenden US-Präsidenten habe ich geraten, die Freie Welt zu beschützen, und bin der kommunistischen Strategie, die Welt rot zu machen, entgegengetreten. Kommunistische Länder, die über meine Taten nicht glücklich waren, versuchten, mich gewaltsam zu beseitigen, aber ich hasse sie deswegen nicht. Auch betrachte ich sie nicht als meine Feinde. Ich bin gegen die Philosophie und die Ideologie des Kommunismus, aber ich habe nie die Kommunisten gehasst. Gott möchte, dass alle Menschen einschließlich der Kommunisten mit Ihm eins werden.

In diesem Sinne waren mein Besuch in Moskau im April 1990 für ein Treffen mit Präsident Michail Gorbatschow und mein Besuch in Pyeongyang im Jahr darauf, bei dem ich mit Präsident Kim Il Sung zusammentraf, keine gewöhnlichen Reisen. Ich habe sie unter Lebensgefahr unternommen. Es war meine Bestimmung, diese Reisen anzutreten, um diesen Männern den Willen des Himmels zu übermitteln. Halb scherzend sagte ich damals, dass Moskau in Englisch wie „must go“ (muss gehen) klingt und dass ich deshalb gehen musste.

Meine Überzeugung, was den Kommunismus betrifft, stand schon seit langem fest. Ich konnte vorhersehen, dass sich die ersten Zeichen für den Zerfall des Kommunismus etwa 60 Jahre nach der Revolution der Bolschewiken zeigen würden und dass das sowjetische Gebäude im Jahr 1987, dem 70. Jahrestag der Revolution, einstürzen würde. Darum war ich 1984 begeistert, als ich hörte, dass Dr. Morton Kaplan, ein renommierter Politikwissenschaftler an der Universität von Chicago, vorschlug, eine internationale Konferenz mit dem Titel „Der Fall des Sowjetimperiums“ zu halten. Ich bat ihn, mich im Danbury- Gefängnis zu besuchen, um mit ihm über Einzelheiten zu sprechen. Das Erste, was ich zu ihm sagte, als wir einander trafen, war, er möge doch „Das Ende des Sowjetkommunismus“ noch vor dem 15. August jenes Jahres verkünden.

Dr. Kaplan erwiderte: „Das Ende des Sowjetkommunismus verkünden? Wie kann ich eine so riskante Sache machen?“, und er gab mir zu verstehen, dass er nicht gewillt war, das zu tun. Im Jahr 1985, in dem die Konferenz stattfinden sollte, erweiterte die Sowjetunion ihren weltweiten Einfluss und es zeigten sich äußerlich keinerlei Anzeichen des Niedergangs. Aber die Flamme brennt am hellsten kurz vor dem Erlöschen.

Es war nur natürlich, dass Dr. Kaplan zögerte. Wenn er eine Erklärung mit der Vorhersage eines so konkreten Ereignisses machen würde und sie sich als falsch herausstellen sollte, wäre seine Reputation als Wissenschaftler über Nacht zerstört.

„Reverend Moon“, sagte er, „ich glaube Ihnen, wenn Sie sagen, dass der Sowjetkommunismus untergehen wird. Aber ich denke nicht, dass es schon jetzt geschehen wird. Darum, anstatt ‚Das Ende des Sowjetkommunismus’ zu verkünden, wie wäre es, wenn wir stattdessen den Titel wählen: ‚Der Niedergang des Sowjetkommunismus’?“ Ich glühte vor Zorn, als ich merkte, dass er den Titel abmildern wollte in etwas anderes als „Das Ende des Sowjetimperiums“.

Das war ein Kompromiss, den ich nicht akzeptieren konnte. Ich hatte das starke Gefühl, dass ein Mann mit Überzeugung so mutig sein sollte, alle Energie in den Kampf einzubringen, auch wenn er sich fürchtete. „Dr. Kaplan“, sagte ich, „was denken Sie denn? Wenn ich Sie darum bitte, das Ende des Kommunismus zu verkünden, dann habe ich dafür einen Grund. An dem Tag, an dem Sie das Ende des Kommunismus verkünden, wird diese Erklärung ihm Energie wegnehmen und dazu beitragen, seinen friedlichen Zusammenbruch herbeizuführen. Warum zögern Sie?“

Am Ende erklärte Dr. Kaplan tatsächlich „Das Ende des Sowjetkommunismus“ in der Konferenz der Professors World Peace Academy (PWPA) in Genf, die unter dem Motto stand: „Der Fall des Sowjetimperiums: Aussichten auf einen Übergang in eine Welt nach der Sowjetunion.“ Das war etwas, das bis zu diesem Zeitpunkt niemand gewagt hatte, in Betracht zu ziehen.

Weil die Schweiz ein neutrales Land ist, war Genf damals ein Sammelpunkt für den sowjetischen Staatssicherheitsdienst KGB. Viele KGB-Agenten arbeiteten von dort aus an Spionage- und terroristischen Aktivitäten in der ganzen Welt. Das Intercontinental-Hotel, in dem die PWPA-Konferenz abgehalten wurde, lag gegenüber der Botschaft der Sowjetunion und ich kann mir gut vorstellen, wie nervös Dr. Kaplan damals gewesen sein muss. Ein paar Jahre später jedoch wurde er weithin bekannt als der Wissenschaftler, der als Erster das Ende des Sowjetkommunismus vorausgesagt hatte.

Im April 1990 berief ich die World Media-Konferenz in Moskau ein. Die Sowjetregierung überraschte mich schon bei meiner Ankunft am Flughafen mit einem Empfang, der dem Protokoll eines Staatsoberhauptes glich. Unsere Wagenkolonne wurde von einer Polizeieskorte bis ins Stadtzentrum von Moskau geleitet. Der Wagen, in dem ich saß, fuhr auf der gelb gekennzeichneten Spur der Straße, die nur dem Präsidenten und Staatsgästen vorbehalten war. Das geschah noch vor dem Kollaps der Sowjetunion. Die Sowjetregierung behandelte mich, einen Antikommunisten, mit solch außerordentlicher Aufmerksamkeit!

Im Verlauf der Konferenz hielt ich eine Ansprache, bei der ich den Schritt in Richtung Perestroika lobte. Ich sagte, dass diese Revolution ohne Blutvergießen erfolgen müsse und dass sie eine Revolution von Seele und Geist sein müsse. Der Zweck meines Besuches war die Teilnahme an der Weltmedienkonferenz, aber in Gedanken trug ich mich mit der Absicht, Präsident Gorbatschow persönlich zu treffen.

Damals war Präsident Gorbatschow in der Sowjetunion beliebt wegen seiner erfolgreichen Politik der Perestroika. In all den Jahren konnte ich viele US-Präsidenten treffen, aber Präsident Gorbatschow zu treffen war sehr viel schwieriger. Ich befürchtete, dass kein einziges Treffen möglich sein würde. Ich hatte eine Botschaft für ihn und es war wichtig, dass ich sie ihm persönlich überbrachte. Er reformierte die Sowjetunion und ein frischer Wind der Freiheit, den er ermöglicht hatte, wehte durch das Land. Aber mit fortschreitender Zeit richteten sich hinter seinem Rücken die scharfen Klingen von Gegenreformen mehr und mehr gegen ihn. Wenn sich diese Situation ungehindert weiterentwickelte, würde er in große Gefahr geraten.

Ich erklärte: „Wenn er nicht bereit ist, mich zu treffen, dann kann er nicht von der Welle des himmlischen Glücks erfasst werden, und wenn das nicht geschieht, dann wird es ihn nicht mehr lange geben.“

Vielleicht vernahm Präsident Gorbatschow meinen sorgenvollen Ausruf. Am nächsten Tag lud er mich zu sich in den Kreml ein. Ich fuhr in einer Staatslimousine der Sowjetregierung und wurde bis ins Innere des Kreml gebracht. Meine Frau und ich nahmen nach unserem Eintreten im Büro des Präsidenten Platz und Kabinettsminister der Sowjetunion setzten sich neben uns. Präsident Gorbatschow hatte ein breites Lächeln für uns und gab uns einen dynamischen Bericht über den Erfolg seiner Perestroika-Politik. Dann führte er mich in ein Vorzimmer zu einem Gespräch unter vier Augen. Ich nutzte diese Gelegenheit, ihm folgende Botschaft zu übermitteln:
„Herr Präsident, Sie haben mit Ihrer Perestroika-Politik bereits viel erreicht, aber das allein wird als Reform nicht genügen. Lassen Sie sofort Religionsfreiheit in der Sowjetunion zu.

Wenn Sie nur die materielle Welt reformieren wollen, ohne Gott mit einzubeziehen, ist die Perestroika zum Scheitern verurteilt. Der Kommunismus wird bald enden. Nur wenn Religionsfreiheit erlaubt wird, kann diese Nation gerettet werden. Jetzt ist die Zeit gekommen, dass Sie genauso mutig handeln wie bei der Reform der Sowjetunion und ein Präsident werden, der daran arbeitet, der ganzen Welt Frieden zu bringen.“

Präsident Gorbatschows Züge verhärteten sich, als ich Religionsfreiheit ansprach, so als hätte er das nicht erwartet. Wie man es aber von dem Mann erwarten konnte, der ein paar Monate zuvor die Wiedervereinigung Deutschlands möglich gemacht hatte, fasste er sich schnell wieder und entspannt und sachlich akzeptierte er meine Worte. Ich fuhr fort: „Südkorea und die Sowjetunion sollten jetzt diplomatische Beziehungen miteinander aufnehmen. In diesem Zusammenhang bitte ich Sie, den Präsidenten von Südkorea, Roh Tae Woo, zu einem Besuch einzuladen.“ Ich führte eine ganze Liste von Gründen an, warum es für die beiden Länder gut wäre, diplomatische Beziehungen zueinander aufzunehmen.

Als ich alles, was ich sagen wollte, gesagt hatte, gab mir Präsident Gorbatschow in einem Ton der Überzeugung, wie ich ihn bei ihm vorher noch nicht gehört hatte, ein Versprechen: „Ich bin davon überzeugt“, sagte er, „dass sich die Beziehungen zwischen Südkorea und der Sowjetunion reibungslos entwickeln werden. Auch ich glaube, dass politische Stabilität und Entspannung auf der koreanischen Halbinsel notwendig sind. Diplomatische Beziehungen mit Südkorea aufzunehmen, ist nur eine Frage der Zeit; da gibt es keine wirklichen Hindernisse. Ich werde Präsident Roh Tae Woo treffen, wie Sie das vorgeschlagen haben.“

Als ich mich an jenem Tag von Präsident Gorbatschow verabschiedete, nahm ich meine Armbanduhr ab und legte sie um sein Handgelenk. Es schien ihn ein wenig zu verwirren, dass ich ihn wie einen alten Freund behandelte. Ich sagte zu ihm voller Ernst: „Immer wenn Ihre Reformen auf Schwierigkeiten stoßen, schauen Sie bitte auf diese Uhr und erinnern Sie sich an Ihr Versprechen, das Sie mir gegeben haben. Wenn Sie das tun, dann wird der Himmel mit Sicherheit einen Weg für Sie auftun.“

Wie er es mir versprochen hatte, traf Präsident Gorbatschow schon im Juni desselben Jahres zu einem bilateralen Gipfeltreffen mit Präsident Roh in San Francisco zusammen.

Schließlich, am 30. September 1990, unterzeichneten Südkorea und die Sowjetunion zum ersten Mal nach 86 Jahren ein historisches Abkommen für die Aufnahme von diplomatischen Beziehungen.

Natürlich ist Politik die Aufgabe von Politikern und Diplomatie ist die Aufgabe von Diplomaten. Manchmal jedoch, wenn eine Tür lange Zeit verschlossen war, kann eine religiöse Persönlichkeit, für die keine eigennützigen Interessen auf dem Spiel stehen, effizienter sein.

Vier Jahre später besuchten Präsident Gorbatschow und seine Frau Seoul und meine Frau und ich waren ihre Gastgeber in unserem Haus in Hannam-Dong. Er war zu dem Zeitpunkt nicht mehr in seinem Amt. Nach einem Putsch im August 1991 durch Reformgegner, die in Opposition zur Perestroika standen, hatte er seinen Posten als Generalsekretär der Kommunistischen Partei niedergelegt und die Sowjetunion aufgelöst. Als Kommunist hatte er die Sowjetunion aufgelöst.

Der ehemalige Präsident und die First Lady benutzten Stäbchen, um Bulgogi (köstlich gewürztes, gegrilltes Rindfleisch) und Japchae (Glasnudeln mit Gemüse), das wir sorgfältig für sie vorbereitet hatten, zu essen. Als ihm Sujeong-gwa (ein süßes Erfrischungsgetränk aus Dattelfeigen) zum Nachtisch gereicht wurde, wiederholte Herr Gorbatschow mehrmals: „Korea hat ausgezeichnete traditionelle Gerichte.“

Er und die First Lady wirkten entspannt, ganz anders als in den Tagen der Anspannung, als er noch im Amt war. Frau Gorbatschowa, die früher als kompromisslose Marxistin und Leninistin an der Moskauer Staatsuniversität gelehrt hatte, trug eine Halskette mit einem Kreuzanhänger.

„Herr Präsident, Sie haben Großes geleistet“, sagte ich zu ihm. „Sie haben Ihren Posten als Generalsekretär der Kommunistischen Partei der Sowjetunion aufgegeben, aber jetzt sind Sie Friedenspräsident geworden. Wegen Ihrer Weisheit und Ihres Mutes eröffnet sich uns jetzt die Möglichkeit zum Weltfrieden. Sie haben für die ganze Welt die allerwichtigste, ewige und schönste Sache getan. Sie sind ein Held des Friedens, der Gottes Arbeit getan hat. Der Name, der für immer in der Geschichte Russlands in Erinnerung bleiben wird, ist nicht ‚Marx’, ‚Lenin’ oder ‚Stalin’. Es wird ‚Michail Gorbatschow’ sein.“ Ich lobte Herrn Gorbatschow sehr für die unblutige Auflösung der Sowjetunion, dem Mutterland des Kommunismus.

In Erwiderung darauf sagte Herr Gorbatschow: „Reverend Moon, Ihre Worte haben mich sehr ermutigt. Ihre Worte schenken mir Kraft. Ich werde mich für den Rest meines Lebens dafür einsetzen, Projekte für den Weltfrieden zu fördern.“ Und er drückte mir fest die Hand.




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